Kreta... da war ich doch auch schon einmal. Mensch, ist das urlange her! Ich höchstpersönlich auf Kreta, das war vor über 30 Jahren. Meer, Sonne, Sandstrand – ´s war schön da.
Ja, als 60jährige kann man in vielen Erinnerungen schwelgen.
Meine Freundin Anja und ich wohnten drei Wochen in einem Hotel direkt am Meer, zwischen der Inselhauptstadt Heraklion und Rethymnon. Die Umgebung war nichts als Strand und andere große Hotels. Zur nächsten kleinen Ortschaft sind es etwa 4 km gewesen. Die Straße dorthin führte am Hotel vorbei durch ein Sumpfgebiet.
Wahrscheinlich sieht es heutzutage ganz anders dort aus.
Am Tag unserer Ankunft auf Kreta faulenzten wir ausgiebig. Wir legten uns in den Sand und ließen uns bruzeln. Fast hätten wir am späten Nachmittag den üblichen Begrüßungscocktail der Reiseleitung verpasst. Von der glühenden Sonne ziemlich mitgenommen, bekamen wir dann gar nicht mit, was uns erzählt wurde. Abgelenkt waren wir auch, da wir gerade Bekanntschaft mit einem netten jungen Pärchen schlossen.
Der Reiseleiter, ein gut aussehender Grieche, war am nächsten Tag nochmals im Hotel und wir fassten uns ein Herz, ihn nochmals um Informationen zu bitten. Er glaubte gar nicht, dass wir am Vortag da gewesen sind – so verratzt hatten wir da ausgesehen. Heute aber war es bei ihm geschehen, er sah Anja in die Augen und war total verknallt in sie. Deswegen bot er sich an, uns privat die schöne Insel zu zeigen. Anja war geschmeichelt. Wir nahmen das Angebot an, wobei Anja stets darauf bestand, dass ich mitfahre. In einem roten Mercedes-Oldtimer wurden wir so zu Kretas Schönheiten gebracht.
Für mich war die Situation nur teilweise gut, zwar ein interessanter Urlaub, aber als 5. Rad am Wagen.
So habe ich mich öfters ausgeklinkt. Eines Abends waren wir wieder einmal in der Bar seines Freundes Spiros, in dem kleinen Örtchen. Anja und Niko waren voll miteinander beschäftigt. Mit dem Wirt Spiros, der mir mit Annäherungsversuchen auf die Nerven ging, hatte ich Zoff, und er wollte mir kein Taxi bestellen. Wütend machte ich mich zu Fuß auf den Heimweg.
Am Ortsausgang war die letzte Laterne. Dort fand ich auf dem Boden einen kleinen, silbernen Kettenanhänger. Es war der heilige Christopherus. Mit diesem Amulett in der Hand und ging ich im Mondschein auf der schmalen Straße durch den Sumpf. Es war hier keiner unterwegs. So alleine bereute ich schon meinen überstürzten Abgang. Ein Auto fuhr langsam hinter mir heran, besetzt mit 3 oder 4 jungen Männern. Sie boten mir an, mich mitzunehmen, ich lehnte ab. Unter Beschimpfungen fuhren sie schließlich weiter, aber etwa 80 Meter vor mir hielten sie an. Nun geriet ich in Panik. Es gab keine Fluchtmöglichkeit. Im Mondlicht schimmerte der feuchte Sumpf.
Da hörte ich von hinten ein anderes Auto kommen, guckte mich um, es war ein Taxi. Das überholte mich und beachtete nicht mein verzweifeltes Winken und Rufen. Es saß schon ein Fahrgast darin. Die Männer vor mir waren inzwischen ausgestiegen. Sie hatten das beobachtet und johlten jetzt triumphierend.
Vor lauter Angst betete ich. Es ging tatsächlich gut aus! Wie war ich erleichtert, als das Taxi im Rückwärtsgang zu mir zurück fuhr, und es nahm mich auf. Der Fahrer hatte die brenzlige Situation erfasst. Ich wurde sicher an meinem Hotel abgesetzt. Diesem unbekannten Taxifahrer bin ich heute noch dankbar.
Im Hotelzimmer merkte ich, dass ich das Amulett immer noch krampfhaft in der Faust hielt. Tagelang sah und spürte ich den Abdruck davon in meiner Hand.
Den restlichen Urlaub überließ ich Anja und Niko meistens ihrer Zweisamkeit. Das nette Pärchen vom ersten Tag hatte mittlerweile eine ganze Clique um sich, denen ich mich anschließen konnte.
Ich habe den Glücksbringer mit Nachhause genommen und aufbewahrt. Ich hatte ihn nach dem Umzug nach hier schon in der Hand. Er ist also noch da. Wenn ich bloß wüsste, wohin ich das Amulett gesteckt habe.
Die Legende des hl. Christopherus sagt, er habe in einer unangenehmen Situation das Jesus-Kind auf seinen Schultern durch tiefes Wasser getragen. Viele Künstler haben diese Szene dargestellt: link.