So fing es an:
und
Musik: Metallica - Nothing Else Matters
http://www.youtube.com/watch?v=g-x3gttZYTM&feature=related
Eine üble Geschichte - Teil 4
Ich hatte nur einen Gedanken: Flucht!
Ganz langsam war ich losgefahren, um dann so schnell wie möglich wegzukommen, weit weg, so weit wie möglich. Ein Glück, dass Ralf kurz vor unserer Ankunft getankt hatte! So konnte ich ohne Benzinnot eine große Strecke zurück legen.
Mit jedem Kilometer, den ich zwischen mich und den grausligen Ort in Albanien brachte, beruhigte ich mich mehr. Schließlich kam das schlechte Gewissen. Ich war mit Ralfs Auto geflohen und hatte meine Freunde im Ungewissen zurück gelassen.
Aber was hätte ich tun können? Sie waren ja spurlos verschwunden!
Nach etlichen Kilometern bemerkte ich, dass ich meinen Schlafanzug an hatte. An einem kleinen See bog ich ab und hielt an einer versteckten Sandbucht. Mittlerweile dämmerte schon der Morgen. Weit und breit war hier niemand, vergewisserte ich mich. Dann stieg ich ins kühle Nass und tauchte ganz unter. Aaah, tat das gut! Wie die neugeborene Venus – nur nicht mehr so jung und knackig - entstieg ich dem Tümpel. Aus meinem Köfferchen zog ich frische Klamotten und kleidete mich an. „Jetzt noch eine Tasse Kaffee und die Welt wäre in Ordnung“, sagte ich mir und inspizierte neugierig den Laderaum des BMW. In einem Beutel fand ich ein abgerissenes Stück trockenes Weissbrot und zwei Frikadellen. Jetzt merkte ich, welchen Kohldampf ich hatte und machte mich gleich darüber her. Es schmeckte komisch. Kein Wunder, die Sachen waren ja den ganzen Tag ungekühlt im Wagen gelegen. Trotzdem aß ich alles auf.
Kauend betrachtete ich weiter die Sachen im Kofferraum. Ich machte eine große Sporttasche auf. Fast fiel mir das Essen aus dem Mund! Ungläubig starrte ich auf mindestens 20 Schnellfeuergewehre. „Sind die echt oder ist das Spielzeug?“ fragte ich mich. Keine Ahnung, aber ich fand, sie sehen verdammt echt aus. Munition war auch dabei.
Mir wurde es schlecht, mein Magen drehte sich um. Ich schnappte nach Luft.
Was nun? Was soll ich tun?
Ich resümmierte: „Freunde verschwunden, Haus von Vandalen verwüstet, ein erschossener Polizist. Ich bin in einem gestohlenen Auto, im Kofferraum sind Waffen. Mannomann!
Wo ich bin und wie ich wieder heimkomme, weiss ich nicht.“
Resigniert und verwirrt setzte ich mich ins Auto und fuhr gemächlich auf der inzwischen ordentlich befahrbaren Straße weiter. Nach etwa 5 Kilometern war da ein Schlagbaum, die albanische Grenze. Mechanisch holte ich die ganzen Pässe aus dem Handschuhfach und tat sie in meine Handtasche.
Leute, ich hatte jetzt keine Nerven mehr!
Als der Zöllner rüberkam und mir bedeutete, ich soll aussteigen, schoss ich wie der Blitz aus dem Auto zum Straßenrand und kotzte mir fast die Seele aus dem Leib.
Ratlos standen derweil die Zöllner herum, mittlerweile schon vier – von dem anderen Grenzposten waren sie auch herüber gekommen.
Als ich endlich fertig war, gab mir einer freundlich ein Glas Wasser. Sie wollten mich jetzt aber so schnell wie möglich los werden. Ohne weitere Fragen, ja sogar ohne meinen Pass zu zeigen, durfte ich die Grenze passieren.
Ich hatte Riesendussel. Hauptsache, jetzt war ich aus Albanien heraus, in einem anderen Land, mir egal wie es heisst.
Mir ging es hundsmiserabel, trotzdem wollte ich schnellstens weiter. Der Kofferrauminhalt war mir viel zu heiss! Ich überlegte. Als ich einen Fluss überquerte, wusste ich, wie ich die Waffen entsorge. Irgendwo, wo mich keiner beobachtet, würde ich sie ins Wasser werfen. Ich fuhr noch ziermlich lange, bis ich eine geeignete Stelle fand. Es war eine Brücke über einen Fluss, in einem Waldstück, nachdem ich lange keine Ortschaft gesehen hatte. Immer zwei nahm ich heraus und schmiss sie übers Brückengeländer.
Bei dem letzten Maschinengewehr zögerte ich. Noch nie zuvor hatte ich so ein Ding in der Hand gehabt. Es lag noch in der Reisetasche und war das einzige vollständig zusammengebaute und geladene. Das wollte ich mir vor dem Versenken genau ansehen. Warum ich die MP in meinen Trolli packte, weiss ich nicht mehr. Sie passte grad noch auf die Wäsche drauf. Mit diesem Köfferchen auf zwei Rädern und mit meiner umgehängten Handtasche kletterte ich die Böschung runter, unter die Brücke. Ehrlich gesagt deswegen, weil ich schon wieder kacken musste. Mit meiner Seife aus dem Waschbeutel reinigte ich mir Po und Hände. Danach untersuchte ich vorsichtig und gründlich das Gewehr.
Ich muss wohl sehr vertieft gewesen sein, hatte gar nicht bemerkt, dass sich jemand genähert hatte. Das Geräusch des startenden Autos ließ mich hochfahren. Ich dämliche Nuss hatte den Zündschlüssel stecken lassen! Da fuhr es weg, das schöne Auto. Mit dem Gewehr in der Hand stürmte ich die Böschung hinauf und feuerte eine ordentliche Ladung hinterher, was natürlich nur doof war. Der Rückstoß war so gewaltig, dass ich die Hälfte in die Luft schoss, während ich rückwärts die Böschung hinunter fiel und mit dem Hinterkopf auf einen Stein schlug. Benebelt saß ich da. Es war wie in einem Comic. Mir schwirrten feurige Blitze um den Kopf, und ich hörte die Engelchen singen.
Irgendwann bemerkte ich meine eiskalten Füße und erst dann registrierte ich, dass ich in dem eiskalten Flüsschen saß. Endlich rappelte ich mich auf, packte alle Sachen in den Trolli und schleppte ihn auf die Straße, wo ich langsam humpelnd weiter ging. Wohin wusste ich nicht, momentan sorgte ich mich nicht einmal darum.
Ohne Ziel zog ich den Trolli auf der Gebirgsstraße hinter mir her. Es fiel mir sehr schwer, konzentriert zu gehen und nicht zu stolpern. Die schöne Aussicht in dieser Höhe interessierte mich natürlich überhaupt nicht: üppiges Grün, in der Ferne das Meer, sanfte Hügel und dunkle, schroffe Felsen. Wenn ich nach unten sah, waren da ganz viele Serpentinen, die allerdings störten sehr. Weit unten sah ich eine Stadt in einer Bucht am Meer. Wenigstens ein Lichtblick, eine menschliche Ansiedlung!
Übermorgen kannst Du wieder etwas lesen